Städtebau / Architektur / Landschaft
Der Wettbewerbsperimeter liegt im freien Feld zwischen Ruggell und Gamprin unmittelbar an der Landstrasse. Das Gebiet ist durch den Panoramablick auf den Alpstein und die Alviergruppe geprägt. Die angrenzende Bebauung entlang von Schlattstrasse und Badäl weist geringe Dichte in Form von kleinteiligen Wohntypologien auf. Grössere Gebäudestrukturen sind erst im Dorfkern Ruggell und im Industriegebiet Sennwald vorzufinden. Das Grundstück wird mittig von Nord nach Süd von einer Grabenparzelle, dem Habrütigraben, durchquert. Dieser ist Teil eines abgestimmten Grabennetzes, welches neben der Funktion als Vorfluter insbesondere die Entwässerung der Felder gewährleistet und charakteristisch für die Rheinebene ist. Die neue verkehrstechnische Erschliessung ist im Norden mit einem Kreisverkehr und einer Stichstrasse auf das Schulareal vorgegeben.
Das Schulzentrum Unterland II wird als abgewinkelter Neubau vorgeschlagen, welcher zentral auf der Parzelle gesetzt ist. Die Volumetrie zeigt die verschiedenen Funktionen. Der Kopfbau entlang der Landstrasse beherbergt die Turnhalle und prägt wesentlich die Identität des neuen Schulzentrums. Im Südosten liegen die drei Kuben der Unterrichtsnutzung auf einem gemeinsamen Erdgeschoss. Damit wird trotz des grossen Raumprogrammes eine ortsbauliche Körnung erreicht, welche im Hinblick auf die heutige, wie auf eine mögliche künftige Bebauung eine angemessene Eingliederung sicherstellt. Der Fussabdruck des Gebäudes kann dennoch minimal gehalten werden, wodurch der Raum an der Schlattstrasse als Entwicklungspotential frei bleibt. Der Habrütigraben wird durch das Sockelgeschoss überbaut und verläuft zentrisch zwischen den obenliegenden Schulvolumen SEK 1 und SEK 1. Der Graben wird so in adäquater Priorisierung in der Volumetrie berücksichtigt. Im Aussenraum werden die Nutzungen durch die Setzung des Neubaus geklärt. Die Aussenräumliche Anlage des Schulzentrums orientiert sich anhand des vorgefundenen Genius Loci, dem landschaftlichen Raster und ordnet sich in dieses System ein. Die Ankunftssituation dient der Erschliessung, Anlieferung und Parkierung. Ein langgezogener, Boulevardähnlicher Vorplatz adressiert die Gebäudeeingänge. Im ersten Abschnitt sind die Bushaltestelle und die ungedeckten Parkfelder angeordnet, im hinteren Abschnitt die Anlieferung, der Drop-Off, sowie die gedeckten Auto- und Fahrradstellplätze. Durch die Begleitbegrünung des Boulevards, der Parkplätze und der Parzellenränder, ergibt sich ein erstes starkes Gehölzband aus Bäumen von Ost nach West. Südseitig befinden sich mittig die Sportflächen, die von einem Wegeverbund umfasst werden. Entlang des ringförmigen Wegesystems sind die Aufenthaltsflächen angegliedert. Die unmittelbaren Flächen beim südseitigen Gebäudeaustritt sind die zugewiesenen Pausenbereiche. Die überkragenden Gebäude stellen den Nutzern eine gedeckte Aussenfläche zur Verfügung, woran sich angrenzend der gekieste und baumbestandene Boulevard anschliesst. Die Pausenbereiche bieten unterschiedliche Sitzmöglichkeiten an. Durch das Band der Boulevardbäume erfolgt der Übertritt in die offene Fläche, wo sich die Sportanlagen und ein Senkgarten befinden. Die Anlage wird im Süden von einem kleinen Erdwall mit einem weiteren Gehölzband abgeschlossen. Parallel erschliesst ein begleitender Fuss- und Radweg die Landstrasse und die Schlattstrasse als Quartierweg, sowie das Innere der Schulanlage.
Nahe der Dreifachturnhalle sind die Sportanlagen im Süden der Anlage zu finden. Sie sind über die Garderoben im UG als auch von den Tribünen direkt zugänglich. Eine Finnenbahn rahmt die zentralen Sportflächen ein, wo sich Rasenspielfeld, Laufbahn, Kugelstossanlage und Hartplatz nacheinander aufreihen. Im Umfeld der Turnhalle ordnen sich zudem Weitsprung, Streetwork-Out und ein Pumptrack an. Diese Angebote bilden zusammen mit der einsichtigen Turnhalle das Fenster der Schule zur Strasse und lassen die Aktivitäten weithin sichtbar werden. Der Entwässerungskanal Habrütigraben ist der Decumanos der Anlage. Er ist das prägende Landschaftselement auf dem Areal, seine Funktion bleibt erhalten, die Wahrnehmung wird akzentuiert. Der Graben wird auf dem Abschnitt des Schulgeländes gefasst und bleibt sichtbar. Nur im Bereich des Gebäudes wird der Kanal eingedolt. An der Oberfläche zeigt ein Materialwechsel stets den Verlauf des Kanals, sei es offen, als Betonplatte für den Verkehr oder als transparentes Gitter für den Fussgängerbereich. Inmitten der Sportfelder verbreitert sich der Kanal zum Senkgarten. Mit langen Sitzstufen bietet dieser neben der Versickerungsleistung einen Aussenraum mit hoher Aufenthaltsqualität, um sich zurückzuziehen. Aktuelle Themen wie Biodiversität und Umweltbewusstsein sind auf verschiedene Weise in dieses Projekt eingeflossen. Bei fast allen Pflanzen sind einheimische Arten angedacht. So sollen als Bäume vor allem Erlen, Eichen, Weiden und im Ankunftsbereich Gleditsien verwendet werden. Unterpflanzt werden die Bäume mit Sträuchern, Gräsern, Stauden und Farnen. Die grossen Flächen werden zu Blumenwiesen, ausser sie werden für Sportzwecke genutzt. Zur Förderung der Biodiversität werden zudem unterstützende Strukturelemente auf dem Areal verteilt. Die Dächer der Schulanlage werden begrünt, auch die Überdeckungen der Parkplätze. Diese Massnahme unterstützt sowohl die Biodiversität wie auch die Sommerhitzereduktion und verringert auch die Spitzenabflusswerte bei Regen. Die Dachbegrünungen sind alle als extensive Varianten angedacht, teilweise kombiniert mit PV-Anlagen auf dem Dach der Dreifachturnhalle oder Strukturelementen (z.B. Holzhaufen). Die Aussenräume der Klassenzimmer, werden mit Metallnetzen versehen. Die Netze wirken als Absturzsicherung und unterstützen die Kletterpflanzen, in dem sie ihnen Halt auf dem Weg zum Licht bieten. Es werden vorzugsweise einheimische Pflanzen verwendet wie z.B. Geissblatt-Arten, Waldreben, Hopfen. Zudem sind reichblühende Kletterrosenarten und direkt ab der Pflanze essbare Minikiwis vorgesehen.
Organisation / Funktionalität
Die Dreifachturnhalle entlang an der Landstrasse ist im Erdgeschoss transparent gestaltet. Es entsteht ein gefilterter Sichtbezug zwischen Schulhof, Bergkette und Zufahrtsstrasse. Abends tritt die Verglasung als ‚Laterne’ hervor und verdeutlicht den öffentlichen Charakter. Das Gebäudevolumen ist um ein Geschoss ins Erdreich eingebunden. Dadurch werden optimale Funktionsbezüge mit kurzen Wegen sowohl für Sportler als auch für Zuschauer geschaffen. Dies schlägt sich in einem entsprechend kleinen Hallenvolumen nieder, was die Investitionen für die Arbeiten im Untergrund bzw. im Grundwasser mehr als kompensiert.
Im rechten Winkel zur Halle entwickelt sich das Schulgebäude. Das Eingangsgeschoss wird als Sockel mit allgemeinen Nutzungen ausgebildet. Im Gelenk zwischen Turnhalle, Foyer und Zuschauerraum befindet sich die grosszügige Aula mit angrenzender Küche. Diese Disposition gewährleistet die Umsetzung der geforderten Nutzungsflexibilität. Es folgen drei Eingangssituationen für die Schüler, je eine pro Kubus. Damit werden die beiden Altersgruppen bereits im Aussenraum entflochten und die Personendichte wird verteilt. Jeder Zugang ist überdacht und unmittelbar an Fahrradunterstände, Parkplätze und Bushaltestelle angebunden. Im Inneren wird ein einladender Durchblick zum gedeckten Pausenbereich erzeugt. Die Eingänge sind über eine korridorartige Situation kurzgeschlossen, welche auch die allgemeinen Räume erschliesst und in den Ausweitungen Raum für die Essbereiche bietet. Die Verwaltung, die Haustechnik und der Hausdienst sind ebenso im Erdgeschoss angeordnet wie die Hauswirtschaftsräume und die Bibliothek. Letztere sind unterhalb der volumetrischen Gebäudefugen platziert und sowohl konstruktiv als auch belichtungstechnisch eigens auf die Nutzung abgestimmt. Über dem Sockelgeschoss entwickeln sich drei quadratische Gebäudekörper mit je einem Treppenkern. Diese Gliederung entflechtet das geforderte Raumprogramm und lässt eine optimale Belichtung der Klassenräume und Marktplätze zu. In den Gebäudefugen werden grosszügig bepflanzte Höfe ausgebildet, welche von den Aussenräumen der Marktplätze flankiert sind. Die Aussenräume dienen auch der kalten Gebäudeverbindung. Der Anspruch an die betrieblich kurzen Wege wird hochgehalten. Im ersten Obergeschoss sind gemeinsam genutzte Schulräume angeordnet, welche über eine warme Verbindung volumenübergreifend verbunden sind. Der Lehrerbereich liegt zentral und ist attraktiv nach Süden ausgerichtet. Die darüberliegenden beiden Geschosse dienen den geschossweisen Clustern. Jeder Cluster kann so von vier Fassadenseiten und entsprechenden Ausblicken profitieren. Gemäss Nutzungsschema sind die Gebäudeteile der BMS von der SEK entflechtet, wobei die flexible Konstruktionsweise zukünftige Rochaden ermöglicht.
Konstruktion / Materialisierung / Nachhaltigkeit
Die Neubauten werden in ökologisch nachhaltiger Holzbauweise vorgeschlagen. Dieses Konstruktionskonzept in Verbindung mit einem optimalen äusseren Sonnenschutz, einem durchdachten Nachtauskühlungssystem sowie einem effizienten Haustechnikkonzept führt insgesamt zu einem Gefüge, welche die zeitgemässen Anforderungen an Minergie P / A – ECO und dem SNBS Gold zu erfüllen vermag. Der gesamte Holzbau wird so geplant, dass werkseitig ein hoher Vorfertigungsgrad erzielt werden kann und die Montagezeit auf der Baustelle minimal ausfällt.
Das Schulgebäude liegt im Erdgeschoss auf Strassenniveau und beinhaltet keine Untergeschosse. Es wird entsprechend mit einer Flachfundation gearbeitet. Für die nicht tragfähige Deckschicht ist ein Materialersatz geplant. Um Kosten zu sparen erfolgt eine Umlagerung vom Aushub UG der Turnhalle. Die Dreifachturnhalle liegt um ein Geschoss unter Terrain. Die entsprechenden Massnahmen beinhalten die Grundwasserhaltung, die Auftriebssicherung, die Grundwasserabdichtung und die Baugrubenabsicherung mittels freistehender Spundwand.
Für die Unterrichtsgebäude wird eine kombinierte Massiv- / Holzbauweise vorgeschlagen. Der dreigeschossige Holzbau auf dem «Tisch» (der Decke über EG) in Massivbauweise ordnet sich um die massiven Erschliessungskerne. Die Konstruktion wird mit wenigen, einfachen Details gelöst und ist auf einem klaren Raster aufgebaut, welcher die langfristige Flexibilität gewährleistet. Die Deckenkonstruktion wird als Holz-Beton-Verbundrippendecken ausgeführt. Brettschichtholzträger im Achsabstand von 1.5 Meter überspannen im Verbund mit dem darüber eingebauten Überbeton die 7.5 Meter tiefen Klassenzimmer. An den Nord- und Südfassaden werden die Vertikallasten über Brettschichtholzstützen direkt nach unten abgeleitet. Zwischen den Tragrippen sind raumakustisch wirksame Elemente eingebracht. Der geschliffene Hartbetonbelag dient als Wärmespeichermasse für ein angenehmes Raumklima. Das Deckensystem erfüllt die geforderten Schalldämmwerte – auch in Bezug auf die tiefen Trittschallfrequenzen. Die Aussenwände werden als Rahmenbauelemente mit integrierten Fenstern ausgebildet. Die Aussteifung erfolgt über die massiven Treppenkerne und jeweils zwei zusätzlich aussteifende Wandscheiben in Holzbau an den West- und Ostfassaden. Die drei Schulhauskörper sind auf Ebene der Obergeschosse mit zweigeschossige Gitterfachwerken als Brückenkörper verbunden.
Die Dreifachturnhalle besteht aus einem massiven Untergeschoss und einem aufgesetzten Neubau aus Holz. Das Primärtragwerk bilden Fachwerkträger aus Brettschichtholz. Die Ständerfachwerke überspannen die 30 Meter mit einer Systemhöhe von ca. fünf Metern. Im Bereich der Hallentrennwände sind Doppelfachwerke vorgesehen, welche die Integration der Schallschutz-Hubwände ermöglichen. Zwischen den Fachwerken und den Stirnfassaden werden die drei Hallenteile mit je sechs Fachwerken in Querrichtung überspannt. Dank dem gewählten Tragwerksprinzip bietet sich ein stützenfreier Blick von der Tribüne in die Halle. Die Aussteifung der Halle erfolgt über die Dachscheibe sowie eine Wandscheibe im Gebäudeinneren. An der Fassade komplettieren schlanke Streben in Stahl das Aussteifungssystem.
Brandschutz
Der Unterrichtsbereich mit der Nutzung „Schule“ wird mit einer Gesamthöhe von knapp 16m als Gebäude mittlerer Höhe eingestuft. Die Schulgeschosse werden je als Nutzungseinheit zusammengefasst, was eine grösstmögliche Nutzungsflexibilität mit sich bringt. Die Fluchtwege führen darin über maximal einen angrenzenden Raum innerhalb von 35 Metern in einen der drei vertikalen Fluchtwege, welche im Erdgeschoss direkt nach Norden entfluchtet sind.
Die Dreifachturnhalle wird mit einer maximalen Gebäudehöhe von 11.5 Metern der Kategorie „Gebäude mittlerer Höhe“ zugeteilt. Aufgrund der geforderten Personenbelegung der Tribüne wird die Nutzungskategorie „Räume mit grosser Personenbelegung“ und „Schulbauten“ definiert. Die Dreifachhalle und die Geräteräume werden über die zwei vertikalen Fluchtwege und eine Aussentreppe im Westen entfluchtet. Die Entfluchtung der Tribüne mit total maximal 600 Personen erfolgt einerseits direkt nach aussen im Bereich der Ostfassade und andererseits über das Foyer nach Norden hin. Die Fluchtweglängen innerhalb der Nutzungseinheiten betragen maximal 35m und führen über höchstens einen angrenzenden Raum. Die Nutzungen der Garderoben, sowie die des Foyers, des Mehrzweck- und Gymnastikraums werden als Nutzungseinheit zusammengefasst. Brandabschnittsbildende Wände in den Untergeschossen sind EI60, die der Obergeschosse EI30. Das Treppenhaus wir in REI60-RF1 erstellt. Das Projekt ist der Qualitätssicherungsstufe QSS2 zuzuordnen.
Gebäudetechnik und Lüftungskonzept
Die zentral gelegenen Hauptverteilungen der Gebäudetechnik und die über die Geschosse durchlaufenden Installationszonen ermöglichen ein schlankes Haustechnikkonzept. Das neue Gebäude wird an die Fernwärme angeschlossen. Die Wärmeverteilung erfolgt über eine Bodenheizung. Zur Gewährleistung einer hohen Raumluftqualität und einer gleichzeitig flexiblen Raumstruktur wird das Lüftungssystem mit einer Innenzonenbelüftung und entsprechenden Verbundlüftern mit aktiver Überströmung vorgesehen. Die Sporthalle wird mit einer Kaskadenlüftung vorgeschlagen. Die Zuluft erfolgt im UG über Geräteraum und Turnhalle zu den Garderoben, die Abluft im Zuschauerraum und bei den Duschräumen. Die einzelnen Hallen funktionieren auch bei geschlossener Hubwand eigenständig. Bei gelegentlich hohem Zuschaueraufkommen wird die Belüftung motorisiert über die Lüftungsflügel in der Fassade gesteuert.