Städtebau und Architektur

Das bestehende Ordnungssystem der Felder und Gräben im Süden von Ruggell gliedert auch die neue Schulanlage, die Gebäudevolumen orientieren sich in ihrer Grundform an der Körnung dieser Parzellierung. Das bestehende Wegenetz bleibt erhalten. Die Grundstruktur der neuen Schulanlage besteht aus einer erdgeschossigen flächigen Platine, auf der mehrgeschossige Köfper angeordnet werden. Es entsteht so auf dem richtungslosen Grundstück ein vielgliedriges Haus, das sich sowohl über die Freiräume, als auch über die Einzelvolumen allseitig mit dem umgebenden Quartier verwebt. Der Habrütigraben wird gemäss Grabenkonzept umgeleitet, der ursprüngliche Verlauf trennt den Sportbereich und das Schulgebäude. So bleibt dieses ehemals landschaftlich prägende Element als Taille des Gesamthauses ablesbar.

Die Gliederung des Baukörpers ergibt sich durch drei zueinander verschobene kompakte Volumen, die ein gemeinsames Ensemble formen: zwei klar erkennbare Schulhäuser für die Cluster von BMS und SEK sowie einen separaten Sportbereich.

Alle gemeinschaftlichen Räume befinden sich in der offenen Erdeschosszone, alle Cluster mit einer schuleigenen Identität befinden sich in den Obergeschossen. Die Gliederung des Baukörpers versucht mit logischen Organisationseinheiten auf die kleinmassstäbliche Nachbarschaft einzugehen und die Körnung des Quartiers weiterzuentwickeln. Die erdgeschossige Platine nimmt die Höhen der nachbarschaftlichen Bebauung auf, die Hochpunkte von Sporthalle und Cluster prägen die Nachbarschaft neu.

Die versetzt an die Platine angeschlossene Turnhalle generiert unterschiedliche Schulhöfe für die verschiedenen Altersgruppen und schirmt die Aussenflächen gegen Strasse und Zufahrt ab. Im Westen entsteht hinter der für Velostellplätze benutzbaren Pergola ein quirliger Pausenhof als Entree und Agora. Im Norden liegt ein geborgener Schulhof, der sich aus einem dreiseitig gefassten Patio zum weiten Landschaftsraum öffnet. So können die Freibereiche der jüngeren Schüler und der älteren Studierenden gut getrennt voneinander benutzt werden, obwohl sie miteinander verwoben sind. Patios und Dachflächen bieten zusätzliche Rückzugsbereiche. Im Osten an der Schlattstrasse schliessen die Sportflächen an. So sind die drei Hauptbereiche Verkehr, Sport und Aufenthalt klar zoniert und vernetzen sich dennoch durch die Vielgliedrigkeit des Gebäudes miteinander. Die Schulanlage hat eine klare Adresse an der Landstrasse, kann aber auch über die Schlattstrasse erreicht werden. Die umgebenden, fließend miteinander verbundenen Aussenräume übernehmen auch nach den Unterrichtszeiten die Rolle als öffentliche Begegnungsorte, nicht nur für die Schüler.

Organisation und Funktionalität

Im Westen liegt unter dem weiten Vordach der Zugang in die Mitte der neuen Schulanlage, in die durchgesteckte lineare Eingangs- und Pausenhalle. Diese verbindet die zwei rotationssysmmetrisch zueinander angeordneten Schulen zu einer gemeinsam nutzbaren Einheit.
Ebenso werden von hier die gemeinschaftlichen Funktionen wie Aula, Mensa, Verwaltung sowie die gemeinsamen Fachräume erschlossen. An diesem pulsierenden Herz kreuzen sich alle Wege.

Versetzt gegenüber angeordnet weitet sich das Foyer jeweils zu einer Eingangshalle für die einzelnen Schulhäuser SEK und BMS auf. Von diesen über grosszügige Oberlichtlaternen belichteten Eingangsbereichen führen die Treppen jeweils direkt in die Cluster. Die Cluster von SEK und BMS funktionieren wie kleine Schulhäuser, geniessen Autonomie in ihrer inneren Organisation. Alle Unterrichtsräume der Cluster öffnen sich zu dem zentralen Marktplatz mit dem direkt angeschlossenen Freiraumklassenzimmer. Transparente Wände zwischen Marktplatz und umgebenden Räumen schaffen eine gemeinschaftliche Identität. Die Beleuchtung des Marktplatzes über das Treppenoberlicht, die Unterrichtsräume und das Freiraumklassenzimmer erzeugt unterschiedliche Lichtstimmungen. Es entsteht ein Schulhaus mit Raum für Differenzierung und Cachet sowie mit spannungsvoll zu erkundenden Wegen.
In allen Geschossen bilden die verschiedenen durchsichtigen Raumschichten ein flexibles Raumgefüge mit unterschiedlichen Raumhöhen und Lichtqualitäten sowie vielfältigen Blickbezügen in die Patios und den umgebenden Naturraum.
Zudem schirmt der westliche Pausenhof die Schule zu Landstrasse und Parkplatz ab, so können auch nach Westen geschützte Unterrichtsräume angeboten werden.

Im Erdgeschoss sind alle gemeinschaftlichen Nutzungen der Schule, in ihre Funktionsbereiche gegliedert, angeordnet. Der Sportbereich wird für Vereinsnutzung und separate Veranstaltungen in einem eigenständigen Volumen erschlossen und erhält im Nordwesten einen separaten Eingang mit direktem Zugang auf die Tribüne.
Alle Umkleiden befinden sich im Untergeschoss und erschliessen über einen Saubergang direkt die halb eingegrabene Turnhalle.
Über den an der Schmalseite der Turnhalle angeordneten Mensabereich kann der Sportbereich mit der Pausenhalle und letztendlich mit dem gesamten Schulkomplex verbunden werden. An der Schnittstelle von Mensa und Sport ist der Kiosk verortet, der sowohl die Tribüne, als auch die Mensa versorgen kann.

Der Mensabereich dient bei Veranstaltungen in der hier angeschlossenen Aula als Foyer. Für Schulfeste können das Foyer der Turnhalle, die Mensa, die Aula, die lineare Pausenhalle und die beiden Patios zu einer grossen Festzone zusammengeschlossen werden.
Die Verwaltung beider Schulen befindet sich im nördlichen Flüge, die Bibliothek sowie die Fachräume verteilen sich im südlichen Flügel der gemeinsamen Erdgeschosszone.

Konstruktion und Materialisierung

Die neue Schulanlage wird als Holz-Stahl-Hybridkonstruktion mit einer Tragstruktur aus Stahl und Ausbauelementen aus Holz vorgeschlagen. Der Deckenaufbau besteht aus HEA-Trägern, die mit einer auflagernden Holzschichtplatte und Beton im Verbund zu einer leistungsfähigen Deckenplatte vereint werden. Darauf wird in allen Räumen ein mineralischer Unterlagsboden mit Fussbodenheizung vorgeschlagen. Die abgehängte Decke aus akustisch wirksamen Holzlamellen verdeckt die zwischen den teilweise perforierten Trägern angeordneten Installationsholräume. Die Trennwände als Brettsperrholzwände können, wenn nötig, mit akustisch wirksamen hölzernen Wandverkleidungen ergänzt werden.
Das regelmässige Raster der Stahlstützen ist zu dem Raster der nicht tragenden Wände versetzt. So kann die Last durch die Stützen immer vertikal direkt nach unten in die Bodenplatte abgeleitet werden, die Wände aber können entsprechend der Anforderungen an die Raumgrössen gesetzt werden. Das Untergeschoss mit Sporthalle, Tiefgarage und Technikräumen wird als weisse Wanne betoniert. Weitere Elemente aus Stahlbeton sind die aussteifenden Kerne an Treppen, Aufzügen und WC-Räumen. Für die Erdbebensicherheit können auch Aussteifungskreuze in der Stahlkonstruktion angeordnet werden.
Grosse Fensterbänder mit Fensterelementen aus farbig beschichteten Aluminiumprofilen und einer Dreifachisolierverglasung sorgen für eine optimale Belichtung.
Alle opaken Fassadenteile sind hochwärmegedämmt und mit einer Schicht aus transluzenten eingefärbten Lichtwellplatten aus glasfaserverstärktem Polyesterharz verkleidet. So entsteht ein schillerndes Farbspiel, in welchem auch die Oberflächen der Umgebung reflektiert werden.

Wirtschaftlichkeit

Über den Einsatz von grösstenteils nachwachsenden und regionalen Rohstoffen, die Minimierung der grauen Energie und die effiziente Nutzung von erneuerbaren Energien soll ein zukunftsfähiges Gebäude entstehen. Gesundheits- und umweltschädliche Materialien sollen weitestgehend vermieden werden. Über ein minimiertes Untergeschoss, wirtschaftliche Spannweiten, ein direktes Ablasten im Tragwerk und ein kompaktes Gebäudevolumen soll ein wirtschaftlicher Neubau entstehen. Im ganzen Haus sollen robuste Oberflächen mit langer Lebensdauer und einfache handwerkliche Details zum Einsatz kommen.

Nachhaltigkeit und Energie

Durch eine konsequente Trennung von Primär-, Sekundär- und Tertiärsystemen können alle nicht tragenden Bauteile leicht ausgetauscht werden. Die Unterrichtsräume basieren auf einem flexiblen Gebäuderaster und sind daher einfach umdisponierbar, um künftigen Unterrichtsformen gerecht werden zu können. Ebenso sind die Cluster in die Höhe erweiterbar. Der minimierte Materialaufwand für den Skelettbau kann so zur Reduktion der CO2 Belastung beitragen. Die weitestgehend trockene Bauweise unter Verwendung von Profilen aus Recyclingstahl kann am Ende des Lebenszyklus der Schulanlage einfach zurückgebaut werden. Das betonierte Untergeschoss kann mit Recyclingbeton erstellt werden. Eine umlaufende Bandfassade gewährleistet eine optimale Tageslichtausnutzung, nahezu alle Unterrichtsräume verfügen über eine Orientierung nach Ost oder West. Externe solare Wärmelasten werden durch einen aussen liegenden und windstabilen Zip-Screen-Sonnenschutz wirksam reduziert. Die Speichermassen der Klassenräume im Estrich werden über eine sommerliche Nachtlüftung passiv ausgekühlt, speichern die Nachtkühle in den nächsten Tag und sorgen im Tagbetrieb über Strahlungskühleffekt der kühlen Bodenoberflächen für angenehm empfundene Raumtemperaturen. Die Wärmeerzeugung erfolgt klimaneutral mit einer Grundwasserwärmepumpe, damit ist im Sommer auch eine Kühlung der Räume über den Fussboden möglich. Für das Label Minergie-A sind die Dachflächen der Hochpunkte grossflächig mit PV-Modulen belegt. Auch die erdgeschossigen Dachflächen können mit PV-Modulen ausgestattet werden, um den Schülern das Thema der erneuerbaren Energien sichtbar zu vermitteln.

Lüftungskonzept mit Anordnung der vertikalen und horizontalen Steigzonen

In den «dicken Wänden» zwischen den Unterrichtsräumen und Flur, Pausenhalle oder Marktplatz werden die Steigzonen für alle Medien untergebracht. Die gemeinsame Technikzentrale sitzt zentral im Untergeschoss zwischen Turnhalle und Tiefgarage. An der Decke des Untergeschosses werden alle Leitungen verzogen und dann in den dicken Wänden vertikal verteilt.
In den Unterrichtsräumen erfolgt die Einbringung der Frischluft über in den Wänden integrierte Quellluftauslässe. Dadurch wird die Frischluft langsam und zugfrei eingebracht. Die erwärmte Abluft steigt in der Räumen auf und kann unterhalb der Decke abgesaugt werden.
Ergänzende Lüftungsflügel zur natürlichen Lüftung sind in die Bandfassaden integriert.

Amt für Bau und Infrastruktur

Abteilung Hochbau