Städtebau, Projektstrategie
Das neue Schulzentrum Unterland II beherbergt auf dem weitläufigen Areal der Ruggeller Parzelle Nr. 240 die Sekundarstufe I (SEK I) und die Berufsmaturitätsschule (BMS). Zu dem Schulzentrum gehört zukünftig auch eine Sporthalle, die einerseits dem Schulsport dient, die aber auch extern genutzt werden soll.
Es stellt sich bei diesem Wettbewerb die Herausforderung, eine baukörperliche Konstellation für die verschiedenen Nutzungseinheiten zu finden, die den komplexen betrieblichen Abläufen und funktionalen Verknüpfungen bestmöglich gerecht zu werden vermag. Gleichzeitig muss mit dem Projekt – auf freiem Feld und umgeben von kleinmassstäblichen Einfamilienhausquartieren – eine ortsbauliche Interpretation geleistet werden, ohne dass an den Baubestand der unmittelbaren Nachbarschaft angeknüpft werden kann.
Wir haben uns dafür entschieden, Schule und Sporthalle in zwei voneinander getrennten Baukörpern zu organisieren. Davon profitieren nach unserer Auffassung beide, weil sich die jeweils sehr unterschiedlichen betrieblichen Anforderungen so viel konsequenter umsetzen lassen. Das zu organisierende Volumen wird in ein längliches, fünfgeschossiges Schulgebäude, das senkrecht zur Landstrasse angeordnet ist, und in eine niedrige, von der Landstrasse zurückversetzte Sporthalle auf beinahe quadratischem Grundriss aufgeteilt. So kann die aussenräumliche Durchlässigkeit, die zwischen Land- und Schlattstrasse charakteristisch ist, weitgehend erhalten werden. Dazu trägt wesentlich bei, dass die in das Terrain abgesenkte Sporthalle von aussen als transparenter «gläserner Kubus» in Erscheinung tritt, durch den hindurch Blickbeziehungen auch in der Zukunft möglich sein werden
Schule und Sporthalle sind um einen rechteckigen Hof angeordnet, der als Ort des Ankommens dient und der von dem gedeckten Gang einer Pergola, der die beiden Gebäudeeinheiten verbindet, auf zwei Seiten eingefasst wird. Jeweils vor den Eingängen von Schule und Sporthalle befinden sich die Haltebuchten für die Schulbusse. In der Mitte des Eingangshofes sind unter einem Baumdach Stellplätze für PKWs angeordnet. Weitere Stellplätze befinden sich in einer Tiefgarage, die über offen geführte Rampen vom Eingangshof aus erschlossen wird.
Die zur Landstrasse ausgerichtete Fassade der Schule dokumentiert mit ihren fünf Geschossen die Bedeutung dieser wichtigen öffentlichen Funktion. Mit ihrer Höhe bezieht sie sich auf die Weite des umgebenden Landschaftsraumes. Aufgrund seiner orthogonalen Abdrehung zur Landstrasse wird der Baukörper insgesamt als weniger wuchtig wahrgenommen. Zu seiner Südostseite treppt er sich bis auf drei Geschosse ab, wodurch der Übergang zwischen Schule und Sporthalle harmonischer in Erscheinung tritt.
Organisation und Funktionalität
So wie Schule und Sporthalle zwar in einem gemeinsamen Schulzentrum zusammengefasst, baukörperlich aber voneinander unterschieden werden, so haben wir auch bei der Organisation innerhalb des eigentlichen Schulgebäudes die Balance gesucht zwischen dem Gemeinsamen des einheitlichen Baukörpers und der Ablesbarkeit der unterschiedlichen Schularten und Bereiche. Über einem Sockelgeschoss, in dem sich allgemein genutzte Räume und die Verwaltung befinden, besetzen SEK I und BMS mit ihren Clustern die beiden Gebäudeköpfe im Nordwesten und Südosten. Dabei sind die vier Cluster der SEK I und die zwei Cluster der BMS jeweils übereinander angeordnet. Die von beiden Schulen gemeinsam genutzten Fachbereiche Naturwissenschaften (2.5), Design und Technik (2.6) und Lernzone technisches Gestalten (2.7) sind auf insgesamt drei Geschossen im mittleren Bereich zwischen den beiden Köpfen angeordnet und können von allen Schülern erreicht werden, ohne Cluster der anderen Schule queren zu müssen. Beide Schulen werden jeweils über einen eigenen Eingang erschlossen. Die Abstaffelung des Gebäudekörpers von fünf auf drei Geschosse, die eigenen Adressen und eine Differenzierung des Fassadenrhythmus ermöglichen die Ablesbarkeit der unterschiedlichen Funktionseinheiten nach aussen.
Im Inneren sind die Grundrisse symmetrisch um die zentral angeordnete, als Atrium ausgebildete Aula (1.3.1) organisiert. Sie umfasst alle Geschosse ist von oben über eine gläserne Decke belichtet. Beide Schulen verfügen jeweils über zwei eigenständige, als Fluchtwege ausgebildete Treppenhäuser. Um die Aula offen und ohne räumliche Abgrenzung zu den oberen Geschossen ausgestalten zu können, müssen die Verkehrsflächen dort mit einer Sprinkleranlage ausgerüstet werden. Im Erdgeschoss, dem sie funktional zugeordnet ist, übernimmt dieAula die Funktion als Veranstaltungsort, gleichzeitig stellt sie aber auch eine Erweiterung des Eingangsfoyers dar. Ein mehrteiliges Bühnenpodest ist in den Fussbodenaufbau integriert und kann bei Bedarf herausgefahren werden. Der Aula zugeordnet sind auf der einen Seite Räume für Requisiten (1.3.2) und Magazin (1.3.3), auf der anderen Seite die Bibliothek (1.3.8), die über ein Oberlicht natürlich belichtet wird. Neben den beiden Eingängen für SEK I und BMS gibt es noch einen separaten Eingang für die Hauswirtschaftsräume und, auf der gegenüberliegenden Gebäudeseite, Zugänge für Anlieferung und Entsorgung.
Auf der Dachterrasse über dem Bereich der BMS befindet sich im 3. Obergeschoss der gemeinsame, nach Südosten ausgerichtete Pausenplatz (6.1.1), der den Schülern der SEK I und der BMS zur Verfügung steht. Aufgrund seiner Grösse bietet er vielfältige Möglichkeiten für Aufenthalt und Nutzung (z.B. Ausstellungen). Er ist im Bereich der Fassaden mit einer umlaufenden Sonnenblende versehen und teilweise begrünt (Baumheister, Hochbeete). Im mittleren Trakt auf dem Dach über den von SEK I und BMS gemeinsam genutzten Bereichen befinden sich die Technikräume, von wo aus die vier Steigzonen für Medien und Haustechnik, die sich jeweils bei den Treppenhäusern befinden, unmittelbar bedient werden. Das Schulgebäude kommt ohne eine Unterkellerung aus.
Die Sporthalle ist um ein Geschoss abgesenkt. Auf dem Niveau der Dreifachturnhalle befinden sich die Garderoben und die Geräteräume. Der Bereich der Garderoben kann entweder vom Eingang über eine Treppe oder aber unmittelbar aus der Tiefgarage erschlossen werden. Im Erdgeschoss befindet sich der grosszügige und mit Blick auf den vorgelagerten Eingangsbereich attraktiv positionierte Publikumsbereich (3.2), der Platz bieten soll für bis zu 600 Besucher. Die Tribünenanlage kann durch eine mehrteilige Teleskoptribüne bei Bedarf erweitert werden. Ein Kiosk im Foyer der Sporthalle dient der Verpflegung der Besucher.
Cluster
In jedem Cluster sind jeweils vier Klassenzimmer um einen zentralen Marktplatz herum organisiert. Dem Marktplatz ist ein gedeckter Aussenbereich zugeordnet. Lehrerbereich und Gruppenraum (bei der BMS) werden über einen kleinen Lichthof, der Bestandteil jedes Clusters ist, natürlich belichtet. Toilettenanlagen befinden sich jeweils bei den Treppenhäusern. Jeweils zwei Klassenräume können durch auffaltbare Wandkonstruktionen miteinander verbunden werden. Ein zusätzliches räumliches Angebot stellen die Lernnischen dar, die den Clustern vorgelagert sind. Sie sind dem Atrium zugewandt, wodurch spannende Blickbeziehungen ermöglicht werden, gleichzeitig aber bieten sie Rückzugsmöglichkeiten für individuelles Lernen.
Aussenanlagen
Das zur Verfügung stehende Areal Schlatt wird zukünftig durch zwei längs und quer verlaufende Wegverbindungen für Velos und für Fussgänger in vier Felder unterteilt, die jeweils ganz unterschiedlich baulich besetzt und bespielt werden. Zwischen dem Eingangshof im Nordwesten und den Sportflächen, die im südöstlichen Feld aufgereiht werden, bleibt ungeachtet der baukörperlichen Einfassung «über Kreuz» zwischen Schule und Sporthalle eine aussenräumliche Kontinuität bestehen.
Die Sporthalle ist in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Aussensportflächen angeordnet. Die Finnenbahn, die die im Südosten freibleibenden Flächen einfasst, wiederholt in ihrer winkelförmigen Anordnung die Geometrie des neuen Schulzentrums.
Der Habrütigraben muss an der südlichen Grundstücksgrenze nach Westen zum Rütteltigraben abgelenkt werden. Er wird vor der Fassade des Schulgebäudes als offen geführtes Retentionsbecken ausgebildet und attraktiv als Biotop gestaltet.
Die Fahrradstellplätze werden in unterschiedliche Pakete aufteilt und im Nordwesten und im Südosten des Eingangshofes angeordnet. Die Fahrradabstellplätze für die Lehrer befinden sich in der Tiefgarage.
Zur Vermeidung von Hitzeinseln wird die Grösse der versiegelten Flächen soweit als möglich reduziert. Die PKW – Stellplätze werden mit Rasengittersteinen ausgeführt.
Konstruktion, Materialisierung und Wirtschaftlichkeit
Ein wirtschaftliches Tragwerk wird mit einer tragend ausgebildeten Fassadenkonstruktion und innenliegenden Stützen erreicht, so dass ein durch alle Geschosse laufender vertikaler Kraftfluss erzielt wird. Die Erdbebensicherheit wird durch die vier symmetrisch angeordnete Treppenhauskerne gewährleistet. Sämtliche Innenwände können somit nichttragend realisiert werden, um maximale Flexibilität auch für künftige Veränderungen der Raumanordnung zu ermöglichen. Sämtliche Decken sind monolithisch und unterzugslos konzipiert, um Konflikte mit der horizontale Leitungsführung der Gebäudetechnik von vornherein zu vermeiden. Die Konzentration auf eine vertraute, konventionelle Bauweise mit gerader Lastabtragung und normalen Spannweiten verspricht eine vergleichsweise hohe Wirtschaftlichkeit in der Umsetzung. Schächte längs der Treppenhauskerne erlauben eine einfache vertikale Erschliessung bei Medien und Haustechnik. Die Anordnung der Lüftungszentrale auf dem Dach vereinfacht die Leitungsführung und führt zu reduzierten Leitungsquerschnitten. Das Gebäude kann mit einer Flachfundation ausgeführt werden. Die im Grundwasser stehende Tiefgarage wird als weisse Wanne ausgeführt. Das Erdgeschoss wird wie im Wettbewerbsprogramm vorgegeben auf der Kote 434.60 m.ü.M. angeordnet.
Die Konstruktion der Fassaden und der Innenausbau erfolgt in Holzbauweise (Eiche natur). Die Fussböden in den öffentlichen Bereichen werden als geschliffener Sichtestrich ausgeführt, in den Clustern als Parkett in Eiche.
Es kommen Holz-Metall-Fenster zum Einsatz.
Nachhaltigkeit und Energie
Der Schulzentrum Unterland II soll nach den Kriterien des Standards für nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS) realisiert werden und den Standard Minergie – P/A-Eco erreichen. Dabei werden neben ökonomischen und ökologischen Kriterien auch städtebauliche, ästhetische und soziale Aspekte gewertet.
Die Lage des Neubaus direkt an der stark frequentierten Landstrasse bietet für den Individualverkehr eine gute Erreichbarkeit, mit der neu geplanten Bushaltestelle wird dieser Ort in Zukunft auch mit dem öffentlichen Verkehr direkt erschlossen. Durch die klare Entflechtung der unterschiedlichen Verkehrsinfrastrukturen wird die Erreichbarkeit für die unterschiedlichen Nutzer als auch für die Ver- und Entsorgung effizient und effektiv gewährleistet.
Eine naturnahe und klimaangepasste Gestaltung der Grün- und Freiflächen erhöht die Aufenthaltsqualität und die Standortattraktivität. Der Aussenraum soll mit natürlichen und durchlässigen Oberflächen gestaltet werden. Die Wahl der Pflanzen und Bäume soll einerseits dem Erhalt der vorhandenen Biodiversität Rechnung tragen, als auch dem sich verändernden Klima. Das als Biotop gestaltete Retentionsbecken und die Parkierung unter dem Baumdach bieten Lebensraum und spenden wertvollen Schatten.
Die Fassaden werden in Holzbauweise ausgeführt. Die grossflächigen Flachdächer bieten viel Platz für PV – Module. Eine zusätzliche Option wäre die Anbringung von PV – Modulen auch auf den Dächern der Fahrradunterstände.
Der Pausenplatz im 3. Obergeschoss kann als begrünte Dachterrasse gestaltet und vielfältig genutzt werden. Hochbeete bieten die Gelegenheit, das Anpflanzen und Kultivieren von Nutzpflanzen nicht nur zu beobachten, sondern als eine wichtige Kompetenz selber zu erlernen (z.B. im Hauswirtschaftsunterricht).
Durch die Schichtung der Geschosse resultieren eine geringe Gebäudehüllzahl und eine gute, natürliche Belichtung der kompakten Baukörper. Mit der PV-Anlage auf den Flachdächern wird ein Beitrag zur Produktion von Elektrizität geleistet, um einerseits möglichst viel des Eigenbedarfs zu decken und andererseits zur Kompensation der grauen Erstellungsenergie beizutragen. Der Grossteil der grauen Energie steckt in der langlebigen Primärstruktur (Tragstruktur) und in der energetischen und langlebigen Fassade.
Mit dem Einsatz von CO2-armem Beton soll möglichst ressourcenschonend gebaut werden, ggf. kann auch Recyclingbeton zum Einsatz kommen. Für die Wärmeerzeugung und Warmwasseraufbereitung sollen Synergien genutzt werden und wie vorgesehen die Anbindung an die Fernwärme der ARA-Bendern erfolgen.
Ein aussenliegender sommerlicher Wärmeschutz (textile Rollos) ist an allen Fassaden vorgesehen. Zur Verbesserung der Raumakustik kommen Akustikelemente aus Holz an den Decken zum Einsatz. Die Materialisierung im Inneren soll möglich robust und langlebig gestaltet werden und gleichzeitig den Ansprüchen einer hohen Aufenthaltsqualität genügen.