Grössere Bauten der Landwirtschaft und später auch Bauten der Industrie prägten schon immer die Landschaft des Rheintals. Diese Gebäude vereinen als Hybride diverse Nutzungen unter einem Dach und veranschaulichen durch ihre Kompaktheit die Idee den Ort nachhaltig zu bebauen. In einem dialektischen Verhältnis verweisen sie auf den Wert, den der fruchtbare Talboden inmitten der Berglandschaft hat. Diese Bauten sind mit dem Anspruch an Qualität gemacht und überdauern Generationen, indem sie laufend an ändernde Nutzungen angepasst werden. Durch ihre Permanenz bilden sie innerhalb den sich stetig ändernden Wohnsiedlungen Fixpunkte, welche den öffentlichen Raum aufspannen.
Das neue Schulzentrum Unterland II befindet sich in der Freifläche zwischen den Streusiedlungen Ruggell und Gamprin. Umgeben von der kleinteiligen, wenig verdichteten Bebauungsstruktur mit Ein- und Mehrfamilienhäusern wird der Ort vor allem durch die Landstrasse und die umliegenden Landwirtschaftlichen Ackerflächen geprägt.
Der Baukörper reagiert auf die vorhandenen Rahmenbedingungen mit einem strassenbegleitenden, dreigeschossigen, rechteckigen Baukörper, der als klare Zäsur zwischen Strassenraum – (Erschliessung) und Freiraum – (Aufenthalts und Bewegungsbereiche) gesetzt ist. Die bestimmenden Längsseiten des Gebäudes beziehen sich somit in Richtung Landstrasse und in Südöstlicher Richtung zum grosszügigen Aussenraum, der gleichzeitig einen Pufferbereich zur bestehenden Siedlung bildet.
Der Neubau gehört zu den grossvolumigen Schulbauten von Liechtenstein und grenzt sich klar von den umliegenden Wohnbauten ab. Durch die Stellung zur Strasse und genügend Abstand zur kleinteiligen Umgebungsstruktur bildet der Neubau einen gut verträglichen Übergang zu den umliegenden Ein- und Mehrfamilienhäusern. Durch die geringe Bauhöhe werden die Liegenschaften nicht negativ beeinflusst.
Der Neubau definiert hangseitig einen qualitätsvollen, auf dem heutigen Bestand aufbauenden Aussenbereich (Freiraum?). Rheinseitig wird die Landstrasse durch den Neubau abgeschirmt und ist im Freiraum nicht spürbar. Der Freiraum orientiert sich ins Quartier, und bildet als naturnahen und qualitätsvollen Aussenraum ein Gegenstück zum gradlinigen Gebiet rund um die Landstrasse.
Die kraftvollen horizontalen Bänder der Fassade, die den langgezogenen Baukörper gliedern, sind zusammen mit der nach aussen gekehrten statischen Struktur, die prägenden Elemente des Neubaus. Die räumliche Verzahnung von Turnhallenvolumen mit der zweigeschossigen Eingangshalle zum zweigeschossigen Foyer- Aula Bereich erleichtert die Orientierung im grossmassstäblichen Gebäude. Die Anforderung an die Wandelbarkeit und Flexibilität der heutigen Unterrichtsformen soll sich in der Architektur wiederspiegeln. Das Gebäude bildet einen neutralen Rahmen in dem sich die Nutzer auf vielfältige Weise verwirklichen können.
Das Gebäude stellt eine robuste Grundstruktur zur Verfügung, die auf unterschiedlichste Weise bespielt werden kann.
Das Sockelgeschoss dient als Zugang und vermittelnde Ebene der unterschiedlichen Nutzungen. Man betritt das Schulzentrum Unterland II durch die grosse Halle. Von hier aus hat man einen Sichtbezug in die tiefer liegende Turnhalle und das höher liegende Foyer bzw. Aula. Ebenfalls ist der Verwaltungsteil mit Sekretariat und den innenliegenden Werkstätten auf einen Blick zu erfassen. Die Orientierung im Gebäude ist klar sicht- und erfahrbar. Die terrainbezogene Ebene beherbergt die Spezialräume, welche sinnvollerweise einen ebenerdigen Zugang bzw. Anlieferung bedürfen. Eine offene Zentrale Treppe führt auf die Ebene 1 in den Zugangsbereich der beiden Schulstufen. Das grosszügige Foyer – Aula Bereich soll als multifunktionales Zentrum auf vielfältige Art bespielt und benutzt werden können. Mit mobilen Trennwänden abgeschlossen funktioniert es als klassische Aula für Veranstaltungen, Vorträge und Aufführungen. Dieser Bereich ist direkt an den erhöhten Aussenbereich des Schulzentrums angebunden.
Dieser Aussenbereich ist als künstlicher Garten angelegt. Das Grundgerüst der neuen Bepflanzung stellen Gehölze und Halbsträucher dar. Arten wie die Blauraute bringen kräftige Farben in Violett-Blau ins trockene Beet. Der Formwilde Schmetterlingsstrauch bringt durch die Gestalt des Habitus und einer auffälligen Blüte sowie Blütenfarbe, Höhe und Struktur in die sonst fliessenden Rabatte. Gehölze mit besonderer Eigenart stechen aus einer Bepflanzung heraus. Neben dem Grundgerüst der Gehölze bildet der Distelschwung das Hauptelement der Bepflanzung.
Die Freiflächen sollen von den Nutzern mit unterschiedlichen Projektarbeiten bespielt werden. So können z. B. Beschattungs und Sitzelemente in den eigenen Werkstätten hergestellt und über die langgezogene Rampe auf diese Ebene transportiert werden.
Es soll ähnlich einem Bongert ein klar abgegrenzter zum Gebäude gehörender Gartenraum werden.
Die Unterrichtsbereiche sind vom gemeinsamen Foyer- und Aulabereich erschlossen. Die sich gegenüberliegenden, gleichwertigen Zugänge für SEK und BMS führen in die jeweiligen Treppenhäuser. Die gemeinsam genutzten Unterrichtsräume wie z. B. Naturwissenschaften sind vom gemeinsamen Aula Bereich aus erschlossen. Die Ebene 2 funktioniert als reines Unterrichtsgeschoss. Die Cluster sind flexibel austauschbar und können bei Bedarf zusammengeschalten werden. Eine Sichtbeziehung zum tieferliegenden Foyer- und Aulabereich bietet eine spannende räumliche Verknüpfung von Marktplatz und zentralem Aulabereich, dem eigentlichen Zentrum des Gebäudes. Die gedeckten Aussenräume sind als Loggien ins Gebäude eingeschnitten und sorgen so für ausreichend Witterungsschutz.
In den Ebenen -1 und -2 befinden sich die Zuschauergalerie mit Teleskoptribühne, die Garderobenanlagen, welche den Schmutz- und Saubergang trennen, und alle der Turnhalle zugehörigen Räume. Die Tiefgarage beherbergt 64 Parkplätze, mehr als gefordert, auf Grund dessen die Parkplatzflächen im Zufahrtsbereich verringert werden können.
Getrennt von den öffentlich zugänglichen Bereichen befindet sich die Technikräume und der Hausdienst.
Die Erschliessung konzentriert sich auf den westseitigen Ankunftsbereich. Bus- und der motorisierte Individualverkehr (Auto, Roller, Elterntaxi) werden konsequent in einem Einbahnverkehr geführt. Fussgänger und Radfahrer werden um diesen Beriech zum Haupteingang geleitet. Das Gebäude trennt somit die Verkehrserschliessung vom qualitätvollen Freiraum auf der Ostseite. Verbunden werden die beiden Bereiche über den südseitigen Verbindungsweg entlang dem Retentionsbecken. Der Freiraum lehnt sich an die heutige Wegverbindung an. Im nördlichen Bereich sind die Sport- bzw Hartplätze mit Laufbahn, Weitsprunganlage und Streetworkout untergebracht. Die Finnenbahn führt rund um den gesamten Freibereich. Die Freihaltefläche auf der Südostseite ermöglicht einen grosszügigen Erweiterungsbau auf der Parzelle. Der Freiraum wird mit lokalen Bepflanzungen von Baumgruppen und Gehölzen gegliedert.
Die Bepflanzung übernimmt die Funktion eines Windbrechers (Föhn) und bietet Schatten. Erlen, Weiden und Pappeln sollen zusammen mit Holunder, Schneebällen und verschiedenen Hartriegeln die Baum- und Gehölzgruppen bilden. Als Zierpflanze werden Felder mit sibirischer Schwertlilie eingestreut. Die Pflanzen können gut mit dem hoch liegenden Grundwasserspiegel und den lehmig-torfigen Bodenschichten des Ruggeller Rietgebiets umgehen.
Das hallenartige Gebäude besteht aus einer Stützen-Platten- Struktur in Ort- und Elementbeton. Sämtliche raumbildende und nichttragende Wände sind in diese Struktur eingesetzt und bestehen aus gestrichenem Sichtmauerwerk oder Glasbausteinen. Die Primärebene (Statische Struktur) ist konsequent von der Sekundär- und Tertiärstruktur getrennt (Raumbildenden Elemente und Haustechnische Installationen.) Die Installationen werden nicht hinter abgehängten Decken versteckt sondern offen geführt. Somit sind diese Strukturen als Teil des Gebäudes erlebbar und lassen sich mit geringem Aufwand unterhalten und ergänzen.
Die Gebäudestruktur zeichnet sich einerseits durch eine hohe Nutzungsoffenheit aus.
Gleichzeitig vermittelt sie selbsterklärend, wie das Gebäude zusammengesetzt ist und bildet ein dem Schulhaus angemessenes didaktisches Moment.
Die Horizontalkräfte werden durch Betonstreben ausserhalb der Fassadenebene direkt ins Fundament geleitet und dadurch ist die Erdbebensicherheit gewährleistet. Das Untergeschoss ist als dichte Betonwanne ausgebildet und liegt auf den gut tragfähigen Rhein-Schottern. Eine Flachfundation mit wenigen lokalen Vertiefungen reicht um die Gebäudelasten abzutragen. Der Grundwasserfluss wird durch eine Sickerkofferung rund um das Gebäude (Umströmung) gewährleistet.
Glas und Beton, ergänzt mit Eschenholz und textilen Stoffen sind die vorherrschenden Materialien und erzeugen eine grosse Leichtigkeit sowie eine atelierähnliche Atmosphäre.
Durch das kompakte Gebäudevolumen, eine Grundwasserwärmepumpe und die grossflächige PV-Anlage auf dem Dach lässt sich eine Minergiezertifizierung leicht erreichen.